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Sun-Jo Collage Linde Arndt

Als wir in 2016 unsere “Vision 100” ins Leben riefen wusste kaum einer der Städte Breckerfeld, Ennepetal, Gevelsberg, Schwelm und Sprockhövel, dass neben dem “normalen” Ambulanten Hospiz Emmaus, welches überwiegend für Erwachsene Menschen zuständig ist, auch ein neu gegründetes Ambulantes Kinder- und Jugendhospiz existierte.
Die überaus aktive Öffentlichkeitsarbeit des KulturgartenNRW, die durchaus positiven Bemühungen, diese wunderbare Hilfsorganisation aus dem Dunkeln ins Licht zu holen, hat ihre Wirkung nicht verfehlt. Mit und nach uns haben sich eine ganze Reihe weiterer Menschen solidarisiert und sich für dieses Ambulante Kinder- und Jugendhospiz stark gemacht, so dass es längst ein Begriff im  EN-Kreis geworden ist.

Insofern verlassen wir dieses Terrain, um andere Menschen  unseres gesellschaftlichen Miteinanders ebenfalls aus dem Dunkel ans Licht zu befördern.
In Deutschland gibt es ca. 1,2 Millionen Blinde und Sehbehinderte, die von einer 2002 erarbeiteten Studie der World Health Organization (WHO) abgeleitet wurden. Deutschland hat keine Meldepflicht für Blinde und Sehbehinderte, deshalb die Ableitung.
Blinde und Sehbehinderte erfahren in der Regel, aufgrund ihrer Möglichkeiten, keine vollwertige gesellschaftliche Integration. Vielfach werden Blinde und Sehbehinderte mit geistig Behinderten (!) gleichgesetzt und erfahren dadurch eine falsche und unzureichende Betreuung und Ausbildung. Zurückzuführen ist dies auf ein mangelhaftes Bewusstsein; denn Blinde und Sehbehinderte können zwar nicht oder nur schlecht sehen, dafür können sie aber intensiver hören und fühlen, womit sie dieses Handicap fast ausgleichen.
Damit Blinde und Sehbehinderte immer einen Weg in  ihrer Behinderung vorfinden, erfordert dies bei den Sehenden ein Bewusstsein, welches die Blindheit, als das begreift, was sie ist, als eine andere Normalität.
Diese andere Normalität erfordert nur die Aufmerksamkeit die wir jedem Menschen entgegenbringen, meinetwegen, das Auskunftsersuchen eines Menschen wann und wo der nächste Bus zu einem Ziel abfährt.

Was kann nun Kunst und Kultur in diesem Zusammenhang tun, um mehr zu erreichen, als lediglich Kunstwerke für diese Menschen zur Verfügung zu stellen?
Mit unserer für Oktober 2017 geplanten Veranstaltung “Blind Date” wollen wir aufrütteln, informieren, bewusst machen und Blinde, Sehbehinderte und Normalsichtige Menschen zusammen führen.

Die Vorbereitungen sind in vollem Gange.

Bleiben Sie uns gewogen.

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Kunst-Kunsthandwerk-Collage Linde Arndt

Kunst-Kunsthandwerk-Collage Linde Arndt

[jpg] Als die Ausstellung und Versteigerung „Kindern durch Kunst helfen“ für den Kinderschutzbund organisiert wurde, wurden einige Fragen gestellt die die Kunst betrafen. Jetzt wurden im Zusammenhang mit der neuen Ausstellung und Versteigerung „Vision 100“ wieder die gleichen Fragen gestellt. Fragen die alle betreffen, wollen wir hier anschneiden und beantworten.

 

Ist ein Künstler ohne Studium ein Künstler?

William Turner, Carl Spitzweg und Vincent van Gogh oder in der neueren Zeit Paul Cezanne, Ernst Ludwig Kirchner, Max Ernst, Mario Merz und Francis Bacon und viele, viele andere waren Künstler die nicht studiert haben. Sie alle haben sich die Fertigkeiten ein Kunstwerk zu erstellen selber angeeignet, sie waren Autodidakten in ihren Bereichen. Dieses Selbststudium hat sie dennoch zu herausragenden und ernstzunehmenden Künstlern gemacht. Wenn heute Exponate von Nichtakademikern abgelehnt werden, so geschieht das nur aus einem Grund. Die Käufer wollen durch den Titel „Künstler hat in einer Kunstakademie studiert“ mit diesem Etikett ihr eigenes Urteilsvermögen in Frage stellen. Ein Kunststudium macht noch keinen Künstler, viele dieser Künstler sind nicht über den Status eines guten Handwerkers hinaus gekommen.

Ein Künstler fällt durch einen eigenständig erarbeiteten Stil auf, der unverwechselbar gegenüber anderen Künstlern ist.

 

Was ist Kunst und was ist Kunsthandwerk?

Jetzt wird es schwierig. Denn was Kunst oder nicht Kunst ist, darüber streiten sich alle Gelehrten und Künstler, manchmal finden die Beteiligten zu einem Burgfrieden oder in Frankreich zu einer Union sacrée.

Die Unterscheidung zwischen Kunst und Kunsthandwerk ist da relativ einfach. Kunsthandwerk entstand als das Handwerk der industriellen Massenproduktion gegenüberstand. Im Handwerk entstanden künstlerisch gestaltete Einzelstücke die ihresgleichen bis heute suchen. So ist ein Möbelschreiner durchaus in der Lage ein künstlerisch herausragendes Produkt zu erstellen. Ein Töpfer kann mit seinem Handwerk Teile erschaffen die schon einen kreativen Schaffensprozess erfordern. Die Ausgrabungsarbeiten haben Kunsthandwerke ans Tageslicht gefördert, wie zum Beispiel die Totenmaske des Tutanchamun, eine wunderschöne Arbeit. Und es fällt schwer eine Abgrenzung zur Kunst herzustellen, weil die Übergänge fließend sind.

Wenn dem so ist, was wir einmal unterstellen, warum sollte eine Ausstellung oder Versteigerung Exponate mit solch einer Qualität nicht vorweisen? Insofern kann man nur eine Vorentscheidung treffen, wobei die endgültige Entscheidung dem Betrachter mit seiner Vorliebe vorbehalten bleibt.

 

Was ist aber jetzt nur Kunst?

Wir haben versucht Kunsthandwerk von Kunst abzugrenzen. Ist die Umkehrung dann Kunst? Nun, Kunst ist ein Prozess der intuitiv auf einem Schaffensweg Dinge oder Wahrnehmungen in ein Werk einfließen lassen. Es ist ein ewiges Suchen und niemals Finden. Wonach? Nach einem selber, seinem unverwechselbaren Stil.

So hatte aktuell die schweizer Performance-Künstlerin Milo Moiré (32) sich eine Spiegel-Box um die Brüste geschnallt und lies sich von den anwesenden Zuschauer ihre Brüste in diesem Spiegelkasten berühren. Ziel, war ein Bewusstsein für die Rechte und Selbstbestimmung der Frau zu schaffen. Es ist keine Demonstration, sondern eine Provokation. Ja, Kunst kann mehr, sie kann auch provozieren und einen Finger in eine Wunde legen, die nicht sichtbar ist. Zum Schluss möchte ich den Schriftsteller und Philosoph Jean-Jacques Rousseau bemühen, der sich einmal pointiert äußerte: „Der Mensch ist frei geboren und liegt doch überall in Ketten.“

Wohl wahr. Kunst will jedoch diese Ketten sprengen, der eine im Kleinen und der andere im Größeren.

 

Jürgen Gerhardt für Kulturgarten.nrw